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Schulbeginn in Russland: Traditionen und neue Herausforderungen

Der Schulbeginn in Russland markiert jedes Jahr am 1. September nicht nur den Start in ein neues Schuljahr, sondern auch ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis. Der Tag ist bekannt als "Tag des Wissens" (russisch: День знаний) und wird in Schulen im ganzen Land mit feierlichen Zeremonien und festlichen Traditionen begangen. Für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte ist dieser Tag ein besonderes Highlight, das weit über den regulären Schulstart hinausgeht.



Traditionen und Rituale des "Tags des Wissens"

Der 1. September ist in Russland ein nationaler Feiertag, der den hohen Stellenwert der Bildung im Land symbolisiert. Eine der bekanntesten Traditionen ist die feierliche Eröffnung des Schuljahres mit einer Schulglockenzeremonie. In vielen Schulen trägt ein Schüler der Abschlussklasse ein kleines Mädchen der ersten Klasse auf den Schultern, während dieses die Glocke läutet, um den offiziellen Beginn des Schuljahres einzuleiten.


Eltern, Lehrkräfte und Schüler nehmen oft an einer feierlichen Versammlung teil, bei der die Direktoren der Schulen Reden halten und Schülerinnen und Schüler für herausragende Leistungen im Vorjahr geehrt werden. Blumensträuße spielen ebenfalls eine große Rolle: Viele Kinder überreichen ihren Lehrern Blumen als Zeichen des Respekts und der Dankbarkeit. Die beliebtesten Blümen sind die Gladiolen oder Astern.


Besonders der Schulanfang für die Erstklässler, die sogenannten "Perwoklassniki" (russisch: первоклассники), ist mit großer Aufregung verbunden. Für sie ist es ein entscheidender Moment, der den Übergang von der Kindheit in eine neue, verantwortungsvollere Lebensphase markiert. Eltern begleiten ihre Kinder häufig zur Schule und nehmen ebenfalls an den Zeremonien teil.



Das russische Bildungssystem: Aufbau und Besonderheiten

Das Schulsystem in Russland ist streng strukturiert und beginnt mit der Grundschule, die in der Regel drei oder vier Jahre dauert. Darauf folgt die Sekundarstufe, die sich in zwei Phasen gliedert: eine allgemeinbildende Phase (Klassen 5 bis 9) und eine vertiefte Phase (Klassen 10 und 11), in der Schüler sich gezielt auf das Abitur (das sogenannte ЕГЭ) vorbereiten. Nach Abschluss dieser 11-jährigen Schulzeit können die Schüler entweder ein Studium an einer Universität oder eine Berufsausbildung beginnen.


Ein weiteres markantes Merkmal des russischen Schulsystems ist der starke Fokus auf den naturwissenschaftlichen Fächern, insbesondere Mathematik und Physik. Diese Fächer haben traditionell einen hohen Stellenwert, da Russland seit jeher für seine Exzellenz in diesen Bereichen bekannt ist.



Herausforderungen des neuen Schuljahres

Während der Schulbeginn in Russland eine freudige Zeit ist, bringt er auch einige Herausforderungen mit sich. Die wirtschaftliche Lage im Land beeinflusst auch das Bildungssystem, was sich auf die Ausstattung der Schulen, die Bezahlung der Lehrkräfte und die finanziellen Belastungen für Eltern auswirkt. Viele Familien müssen erhebliche Mittel aufbringen, um Schulmaterialien, Uniformen und zusätzliche Bildungsressourcen wie Nachhilfeunterricht zu finanzieren.


Darüber hinaus spielen in den letzten Jahren technologische Innovationen eine immer größere Rolle im Unterricht. Wie viele andere Länder hat auch Russland mit den Herausforderungen der digitalen Bildung zu kämpfen. Die Integration moderner Technologien in den Unterricht und der Zugang zu Online-Lernplattformen sind jedoch oft ungleich verteilt, insbesondere in ländlichen Regionen.



Interessante Fakten zum 1. September: die Geschichte des Feiertags

Jeder Feiertag hat seine eigene Geschichte, die weit in die Vergangenheit zurückreicht:


1. In der Antike wurde der 1. September als Erntedankfest gefeiert, das von einer Predigt begleitet wurde.


2. Nachdem Kaiser Konstantin das Christentum angenommen hatte, zerschlug er das Heer seines Feindes mit einem Banner, was genau am 1. September 312 geschah.


3. In Russland begann man am 1. September mit dem Singen des Troparions zum Neumond.


4. Was den 1. September als Tag des Wissens anbelangt, so war es in Russland üblich, die Schüler an die Pulte unter Peter 1 zu setzen. Alle Kinder arbeiteten im Sommer zusammen mit ihren Eltern, und im Herbst, wenn die Feldarbeit beendet war, wurden alle Kinder zum Lernen geschickt.


5. Interessant ist, dass der 1. September als Beginn des Schuljahres von der Regierung der UdSSR 1935 festgelegt wurde, der Tag des Wissens als gesetzlicher Feiertag aber erst 1988 durch Breschnews Dekret eingeführt wurde.


6. Der Tag des Wissens als staatlicher Feiertag wurde schließlich 1984 durch einen Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR festgelegt. Bis dahin war der 1. September vier Jahre lang nur der Beginn des Schuljahres für alle Schüler.


7. Derzeit wird der 1. September in Armenien, der Ukraine, Weißrussland, Russland und anderen Ländern als Feiertag begangen.


8. Es wird angenommen, dass der Initiator der Einführung des 1. September als Feiertag der Lehrer Fyodor Bryukhovetsky war. Er legte den Grundstein für die erste und letzte Glocke, die heute zu den denkwürdigsten Momenten im Leben eines jeden Menschen gehören.



Fazit

Der Schulbeginn in Russland ist weit mehr als nur der erste Schultag nach den Sommerferien. Er ist ein bedeutendes gesellschaftliches Ereignis, das tief in der russischen Kultur verwurzelt ist. Die damit verbundenen Traditionen und Rituale betonen den hohen Wert der Bildung im Land. Gleichzeitig sieht sich das russische Bildungssystem mit modernen Herausforderungen konfrontiert, die den Schulalltag für Schüler, Lehrer und Eltern prägen. Doch trotz aller Hürden bleibt der "Tag des Wissens" ein Tag der Hoffnung und des Neuanfangs – für jede neue Generation von Lernenden in Russland.


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