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Kolyada: Eine alte Tradition zu Weihnachtszeit in Russland

Kolyadovanie ist ein uraltes Ritual: Am Heiligabend, am ersten Weihnachtsfeiertag und an Silvester gingen die Menschen von Tür zu Tür und sangen Grußlieder, wofür sie von den Eigentümern Leckereien und manchmal sogar Geld erhielten.



Diese Tradition hat ihren Ursprung in Russland in heidnischer Zeit. Weihnachtslieder waren ein wichtiger Teil der alten Folklore. In grauer Vorzeit wurden solche Lieder am Tag der Wintersonnenwende gesungen, wenn die Sonne vom Winter in den Sommer überging.


Kolyadki, also Weihnachtslieder - kurze Lieder (10-14 Zeilen), bestanden aus mehreren kompositorischen Teilen: die Ankunft des Feiertags, die lange Suche nach dem Hof durch die Sternsinger, eine Beschreibung des Hauses und des Besitzers selbst, ein Wunsch, eine Forderung nach einem Geschenk und die Festlegung des Wunsches in Abhängigkeit von dem, was den Sternsingern gegeben wurde.



In der Beschreibung des Tereums, der Gastgeber, in den Wünschen spiegelt sich die künstlerische Methode der Folklore wider: das Wünschenswerte wird für das Wirkliche gegeben. So wird in den Liedern ein reiches Tereum statt einer schäbigen Hütte beschrieben, ein teurer Kaftan statt bescheidener Kleidung ("Er trägt einen Kaftan im Wert von hundert Rubeln und einen Kuschak im Wert von tausend Rubeln"). Und schließlich der Wunsch nach Wohlstand als ganz real:


Пришла коляда Накануне Рождества. Дайте коровку, Масляну головку! А дай Бог тому, кто в этом дому, ему рожь густа, рожь ужиниста. Из зерна ему пирог, из полузерна – коврига

So gut wie das auf Deutsch:

„Kolyada ist gekommen am Weihnachtsabend. Geb eine Kuh, einen Kopf voller Butter. Und Gott gebe dem, der in diesem Haus ist, dass der Roggen dick ist, dass der Roggen das Abendessen ist. Ein Kuchen aus Korn, ein Kovrig aus einem halben Korn“

In diesem Lied wird die „Korovka“ (eine Kuh) erwähnt - ein feierliches Gebäck in Form eines gehörnten Rindes, das zu Weihnachten gebacken wird.


„Водились бы ягнятки, водились бы жеребятки, водились бы поросятки“
„Es gäbe Lämmer, es gäbe Fohlen, es gäbe Ferkel“
„Дай бог здоровье: первое – коровье, второе – овечье, третье – человечье“
„Gott gebe ihm Gesundheit: die erste - der Kuh, die zweite - des Schafes, die dritte - des Menschen“

Die Lieder haben mythologische Anklänge: Der Besitzer wird mit einem "klaren Monat" verglichen, seine Frau mit einer "roten Sonne" und seine Kinder mit "vielen Sternen". Die Forderung nach einem Geschenk ist nichts anderes als eine Bezahlung für die Arbeit: Die Sternsinger wünschten sich Wohlstand, und die alten Menschen glaubten, dass ihre Wünsche in Erfüllung gehen würden, weshalb sie die Sternsinger belohnten.



Der Glaube der Altvorderen an die Magie der Worte zeigte sich darin, dass sie nach der Belohnung für die Arbeit Wünsche äußerten. Wenn sie bedient wurden, sangen sie: "Ein guter Mann wird einen guten Roggen haben: Ähre dick, Stroh leer". Und wenn nicht, sang man: "Einem geizigen Mann wird guter Roggen geboren: der Ähre ist leer, das Stroh ist dick".


Das Weihnachtssingen war mit dem Verteilen von damals großzügigen Geschenken verbunden. In der Regel beschenkten die Hausbesitzer die Sternsinger mit Pfannkuchen, Kuchen, Torten, Süßigkeiten, Lebkuchen, Honig, saurer Sahne und speziell zubereiteten Keksen in Form von Tieren. Und in den Häusern, in denen Mädchen lebten, bekamen die Sängerinnen Kuchen mit Fleisch.


In alten Zeiten wurde den reichen Geschenken für die Sternsinger eine magische Bedeutung zugeschrieben. Man glaubte, dass die gierigen Besitzer im neuen Jahr Unglück erleiden würden, wenn die Sternsinger nicht beschenkt würden. Auch die Sternsinger konnten daran Anstoß nehmen und sich auf ihre Weise rächen:


„Gebt uns ein Stück Kuchen, so groß wie die Hörner der Kuh. Wenn du uns keinen Kuchen gibst, bewerfen wir alle Fenster. Wenn du uns keinen Kuchen gibst, bewerfen wir die Tore“

Mit der Zeit wurden die heidnischen Lieder durch andere, auf christlichen Traditionen beruhende Lieder ersetzt. Und der Brauch, am Weihnachtstag Weihnachtslieder zu singen, kam in Russland erst nach der Taufe im Jahr 988 auf. Die heidnischen Motive in vielen Weihnachtsliedern blieben jedoch erhalten, wurden aber mit den Werten und Bräuchen des Christentums kombiniert. So wurden in diesen Liedern Jesus und die Jungfrau Maria erwähnt und Heilige geehrt.



Die Sternsinger trugen sowohl normale Kleidung als auch "Verkleidung". Die jungen Leute trugen Kostüme und Masken und verwandelten sich in verschiedene Figuren. Sie verkleideten sich als bucklige Alte in Lumpen, als Kaufleute, als Tiere wie Bären, Ziegen und Wölfe sowie als Böse. Sie bemalten ihre Gesichter mit Ruß oder Rote-Bete-Saft und trugen lächerliche Kleidung, um sich lustig oder unheimlich zu machen. Oft nahmen sie Stöcke, Besen, Schürhaken und Sensen mit.


Nach dem Glauben der Menschen bestimmte die Weihnachtszeit das ganze kommende Jahr. In Liedern wünschten die Sternsinger den dankbaren Besitzern eine reiche Ernte, Reichtum und Wohlstand, ein sorgenfreies Leben und einen Wurf Vieh, der sich im neuen Jahr erfüllen sollte. Sie besangen auch das Gelingen der landwirtschaftlichen Arbeit, und diese Lieder wurden zu einer Art Zauberspruch für die Ernte. Man glaubte, je mehr Sternsinger ins Haus kämen, desto glücklicher würde das Jahr verlaufen.


Traditionen des Sternsingens sind nicht nur in Russland, sondern auch in Europa bekannt. Aus dem Mittelalter sind kirchliche Anweisungen erhalten geblieben, die diesen Brauch streng regeln und beschreiben, wann, wie und wem man singen soll.


Die Lieder in Russland haben sich im Laufe der Zeit verändert, aber auch die modernen Lieder enthalten noch Elemente der alten Texte. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe besteht aus Liedern, die den Feiertag verherrlichen und biblische Figuren erwähnen. Die zweite Gruppe umfasst Grußworte und die Aufforderung, den Sängern eine Freude zu machen.


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